Wiesstädel – wie Legosteinchen auf die Wiesen gestreut

Nicht bunt, sondern in gleichmäßigem braun stehen diese kleinen Häuschen auf unseren Wiesen verteilt und werfen oft Fragen auf.

Panorama Buckelwiesen bei Mittenwald

Buckelwiesen Mit Wiesstädel

Sie sind auf den Wiesen rund um die Ortschaften, entlang der Straßen und auch in höher gelegenen Gebieten zu finden.

Traditionell werden Wiesstädl auf vier Steinen als Fundament und aus runden Baumstämmen gebaut. Die Wände verlaufen konisch und sind von einem Satteldach geschützt, damit sich Feuchtigkeit und Schnee nicht direkt an der Stadelwand ablagern können. Das Dach ist bei alten Stadeln mit Legschindeln gedeckt, welche mit Steinen beschwert werden. Zwischen den Baumstämmen ist ein Abstand von einigen Zentimetern, damit die Luft zirkulieren kann.
Und wozu das alles?

StadlIn Wiesstädln wird Heu eingelagert und das sollte trocken bleiben. Mähte man früher die Wiesen wurde das Gras zum Trocknen erst einmal ausgebreitet, dann auf sogenannte Stanker zum weiteren Trocknen aufgehängt, nochmals ausgebreitet und anschließend in die Heustadel eingelagert.

So viel man auf dem Hof im Stall einlagern konnte wurde mitgenommen, der Rest in den Stadeln zwischengelagert, bevor man es bei Bedarf holte. Oft war es auch einfacher und bequemer bis zum Winter zu warten, wenn man einen Schlitten als Transportmittel einsetzen konnte. In Hanglagen war der Schlitten manchmal auch die einzige Möglichkeit. Um möglichst viel auf einmal transportieren zu können bediente man sich sogenannter Hornschlitten, die um ein Vielfaches größer waren als normale Schlitten. Das trockene Heu wurde auf Blochen – große robuste Tücher – geworfen, diese verknotet und auf dem Hornschlitten befestigt. Dann ging es in rasanter Abfahrt ins Tal  hinunter. Aus diesem alten Transportmittel ist das Hornschlittenrennen von Garmisch-Partenkirchen hervorgegangen, das alljährlich am 06. Januar unterhalb der Partnachalm stattfindet.

Alle Wiesstädl tragen Nummern, die in einem Stadelbuch registriert sind. Die Besitzer solcher Stadel haben ein Holzrecht für ihren Stadel, welches sie beim Forst geltend machen können. Man unterscheidet hier zwischen dem sogenannten Bedarfsrecht, d.h. was kaputt ist wird ersetzt. Oder das fixierte Recht. Dabei wird von einem Gutachter Stadel Nummergeschätzt, wieviel Holz für den Erhalt des Stadels gebraucht wird. Allerdings wird auch kontrolliert, ob die Wiesen gemäht und der Stadl genutzt wird. Ist dies nicht der Fall kann es zur Zwangsablösung des Rechts kommen. Übrigens hat der Staat in den 60er Jahren viele Stadelrechte aufgekauft. Damals gab’s ungefähr 1000,– DM dafür.

Heute sind viele Wiesstädl ungenutzt, da nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen das Gras gleich zu Siloballen oder auch zu Heuballen verarbeitet wird. Die Arbeit kann von weniger Personen und mit mehr Maschineneinsatz erledigt werden. Irgendwie ist damit auch ein Stück Romantik verlorengegangen, allerdings nur für den, der die Arbeit nicht leisten muss.

Trotzdem findet man immer wieder Wiesstädel die mit duftendem Heu gefüllt sind und dann kann ich nur empfehlen: tief einatmen und zu träumen anfangen….